Bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan

XII Vorworte sation von sozial und kulturell eingebetteten Bildungsprozessen erfolgt auf der Grundlage gemeinsamer Grundsätze und Prinzipien. Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan stellt das Kind mit seinen Stär- ken in den Mittelpunkt. Er verlässt eine bislang primär institutionell veranker- te Perspektive und interessiert sich in erster Linie für die individuelle kind- liche Entwicklungs- und Bildungsbiographie und für deren Optimierung. Indem das Kind seine eigene Bildungsbiographie ko-konstruiert, partizipiert das Kind aktiv am Bildungsgeschehen. Der Individualität eines Kindes kann man auf demWege der Differenzierung und Individualisierung von Bildungs- prozessen am ehesten gerecht werden. Und um individuelle Gerechtigkeit zu erreichen, wird Diversität auf allen Ebenen als die normale Situation betrach- tet, die es zu begrüßen und systematisch zu nutzen gilt, um mehr individuel- len Fortschritt und gemeinsamen Gewinn zu erzielen. Wenn Bildung, wie erwähnt, einen sozialen Prozess darstellt, und die soziale Interaktion als der Schlüssel zur Sicherung von Bildungsqualität betrachtet wird, dann ist nachvollziehbar, warum im Bayerischen Bildungs- und Erzie- hungsplan interaktionale Prozesse und deren Qualität einen zentralen Stel- lenwert einnehmen sowie Ansätze zu deren Moderierung verankert werden. Diese Interaktionen beschränken sich nicht nur auf den bildungsinstitutio- nellen Rahmen, sie umfassen, ganz im Sinne eines ökopsychologischen Ansat- zes, auch die außerhalb der Bildungsinstitutionen befindlichen Bildungsorte, in erster Linie die Familie, die zur Optimierung der individuellen kindlichen Bildungsbiographie beitragen. Durch die Konzeptualisierung dieser dynami- schen Beziehung der Bildungsorte untereinander im Sinne einer Bildungs- partnerschaft werden neue Maßstäbe bei der Regelung der Beziehung der Bil- dungsinstitution zu diesen anderen Bildungsorten eingeführt. Ein Bildungsplan stellt ein politisch-gesellschaftliches „Instrument“ dar, mit dessen Hilfe eine hohe Bildungsqualität in allen Bildungsorten und für alle Kinder gesichert werden soll. Wir sind gut beraten, ihn als ein entwicklungs- offenes Projekt zu begreifen. Aus der heutigen Perspektive kann diese Of- fenheit genutzt werden, um den Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan weiterzuentwickeln: vertikal im Sinne einer Weiterentwicklung zu einem In- stitutionen übergreifenden Bildungsplan. Horizontal stellt eine stärkere Be- rücksichtigung und Einbeziehung der sozialen Räume des Aufwachsens von Kindern eine notwendige konzeptuelle Erweiterung dar. Ferner gilt es, die Philosophie, die Prinzipien und Grundsätze sowie den didaktisch-pädagogi- schen Ansatz in der Erzieherausbildung zu verankern, um Nachhaltigkeit zu sichern. Und schließlich müssen wir uns stärker einer Perspektive verpflich- tet fühlen, Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung anzusehen, um dazu beizutragen, das politische Ziel, die Gemeinde zu einem großen Bildungsort zu entwickeln, verwirklichen zu können. Wenn frühe Bildung das Fundament des Bildungssystems ist, dann sind die Bedingungen, unter denen heute solche Bildungsprozesse organisiert wer- den, zu optimieren. Es müssen auch weiterhin Anstrengungen unternom- men werden, um die administrativ-politisch definierten Standards von päda- gogischer Qualität den Standards von hoher Bildungsqualität anzunähern,

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