Bewegungsförderung, Bewegungserziehung, Sport in der Kindertagesstätte

Dr. Heinz Krombholz

Bewegung und Sport gelten zu Recht als unverzichtbare Bestandteile der Erziehung des Kindes. Im Vorschulalter haben Bewegungserziehung, Turnen und Sport vor allem das Ziel, der natürlichen Lebensfreude des Kindes Raum zu geben und so das Wohlbefinden und die motorischen Fähigkeiten zu stärken und eine gesunde Entwicklung zu gewährleisten. Allerdings hat gerade in der frühen Kindheit die Förderung der motorischen Fertigkeiten eine Bedeutung, die weit über die körperliche Gesundheit hinausreicht und die Gesamtentwicklung des Kindes betrifft, und zwar Aspekte der emotionalen, geistigen und sozialen Entwicklung.

Der Förderung der körperlichen Gesundheit und Leistungsfähigkeit kommt in den letzten Jahren eine besondere Bedeutung zu, gerade auch in vorschulischen Einrichtungen. Experten beklagen, dass sich die körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder gegenüber früher deutlich verschlechtert hat. So werden bei einem erheblichen Anteil der eingeschulten Kinder Haltungs- und Organleistungsschwächen festgestellt und immer mehr Kinder leiden unter einer gestörten Körperkoordination, d.h. bei ihnen ist das notwendige Zusammenwirken verschiedener Muskeln und Muskelgruppen bei Bewegungsabläufen gestört bzw. nicht altersgemäß.

Allerdings sind die in den Medien präsentierten Schreckensszenarien ("Kinder immer schlaffer, immer träger, immer dicker, immer kränker!") zum Glück meist nicht zutreffend, und ein übertriebener Kulturpessimismus erscheint nicht angebracht (vgl. z.B. Kösters 1999, Kretschmer 2003). Dennoch bleibt angesichts der veränderten Lebensbedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen, die Sorge um die Entwicklung der körperlichen Fähigkeiten berechtigt, kommt doch der Motorik eine Schlüsselstellung in der Gesamtentwicklung des Kindes zu, ganz besonders in der frühen Kindheit.

So wichtig dieser Aspekt der körperlichen Gesundheit, der körperlichen Entwicklung und der körperlichen Leistungsfähigkeit auch ist, Bewegung und Bewegungsförderung haben gerade in der frühen Kindheit zusätzlich eine wesentliche Bedeutung für die kindliche (Gesamt)Entwicklung. Es ist bekannt, dass Bewegung oder - um den wissenschaftlichen Begriff zu verwenden - Motorik eng verbunden ist mit sensorischen und psychischen Prozessen und dass zwischen Bewegen, Fühlen und Denken nur willkürlich unterschieden werden kann. Dies wird nicht zuletzt durch die Wortverbindungen "Psychomotorik" und "Sensu-" bzw. "Sensomotorik" betont. Jedes menschliche Verhalten umfasst motorische, emotionale und kognitive Aspekte. Daher ist für Kinder die Bewegung ein wichtiges Mittel, Informationen über ihre Umwelt, aber auch über sich selbst, ihren Körper, ihre Fähigkeiten zu erfahren und ihre Umwelt zu "begreifen". Die Bewegung ist für die Wahrnehmung, die kognitive und emotionale und nicht zuletzt für die soziale Entwicklung von entscheidender Bedeutung.

Eine eigenständige "körperlich-kinästhetische Intelligenz", auch als "Bewegungsintelligenz" bezeichnet, wird im Rahmen seiner Theorie der "multiplen Intelligenzen" von Howard Gardner, in Anlehnung und Weiterführung der Theorien der multiplen Faktoren von Thurstone (1938) und Cattell (1971) postuliert (Gardner 1983, Frames of Mind).

Ziele der Bewegungsförderung

Angesichts vorliegender Erkenntnisse zur kindlichen Entwicklung erscheint die kindgerechte Bewegungserziehung als besonders geeignet, die im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan als wesentlich definierten Basiskompetenzen wie Stärkung des kindlichen Selbstkonzeptes, des Selbstwertgefühls, der Selbstregulation und Selbstwirksamkeit, von emotionaler Stabilität, von Kreativität und selbstgesteuertem Lernen, von Verantwortungsübernahme und Kooperationsfähigkeit zu fördern.

Grundsätzlich können durch Maßnahmen zur Bewegungsförderung Verbesserungen vor allem hinsichtlich folgender Aspekte erreicht werden:

  • gesundheitliche Aspekte: Setzen von altersgemäßen Wachstums- und Entwicklungsreizen, Ausgleich von Bewegungsmangel.
  • motorische Aspekte: Sammeln von vielfältigen Bewegungserfahrungen, Erweiterung der motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, wobei auch feinmotorische Fertigkeiten wie Schneiden, Sägen, Basteln, Umgang mit Schreib- und Malgeräten, Stiften und Pinseln nicht vernachlässigt werden sollten.
  • soziale Aspekte: Bewegungsspiele als Möglichkeit, soziale Verhaltensweisen zu fördern, z.B. Anpassen an einen Partner, Kooperation, Respektieren von Regeln.

Wie können diese Ziele in der Krippe und im Kindergarten erreicht werden?

Kinder müssen so früh wie möglich Gelegenheit erhalten, vielfältige Bewegungserfahrungen in unterschiedlichen Bewegungsräumen zu sammeln; solche Erfahrungen betreffen die physikalische Umgebung, Objekte, die bewegt werden können, akustische und optische Reize, die vorgegeben oder selbst erzeugt werden können. Hierbei können Anregungen aus der so genannten "psychomotorischen Elementarerziehung" herangezogen werden, in der die Einheit von seelischem Erleben und motorischem Verhalten besonders betont wird (vgl. Frostig 1992, Kiphard 1975, 1989, Kiphard & Leger 1975, Eggert 1995).

Bei allen Bewegungsangeboten sollen die Eigenaktivität der Kinder und das weitgehend freie und kreative Erproben neuer Bewegungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen. Es muss gewährleistet sein, dass die Kinder ausreichend Gelegenheit erhalten, ihre motorischen Möglichkeiten selbständig zu erproben und zu vertiefen. Übungen sollen, aufbauend auf der natürlichen Bewegungsfreude des Kindes, möglichst in spielerischer Form stattfinden. Dies schließt keineswegs aus, dass Lernprozesse stattfinden. Selbst hochkomplexe Bewegungsfertigkeiten, z.B. der Umgang mit Kleingeräten und grundlegende Spielformen, können in spielerischer Form angeeignet werden.

Exkurs: Stichwort Psychomotorik

Der Begriff Psychomotorik betont die Einheit von seelischem Erleben und motorischem Verhalten. Bei diesem Ansatz stand zunächst der therapeutische Aspekt im Vordergrund: Durch die Förderung der Bewegung sollten bereits aufgetretene Lern-, Verhaltens- und Entwicklungsauffälligkeiten im Kindesalter bekämpft werden. Seit einigen Jahren werden jedoch auch die Prävention von Verhaltensstörungen und die ganzheitliche Förderung der Gesamtpersönlichkeit des Kindes als wesentliche Ziele angesehen. Nach Eggert 1994 (S. 20) ist "...Psychomotorik die Förderung der Entwicklung von Kindern durch das Zusammenspiel von Bewegen, Denken, Fühlen und Orientieren im Spiel oder einer anderen bedeutungsvollen sozialen Handlung zusammen mit anderen" - gemeint sind andere Kinder, aber auch der Pädagoge oder Therapeut.

Im Rahmen der psychomotorischen Erziehung wird besonderer Wert gelegt auf Übungen in den Bereichen:

  • Sinneserfahrung (wobei taktile, visuelle, akustische Reize angesprochen werden sollen, also Fühlen, Sehen, Hören),
  • Körpererfahrung (Bewegungs- und Lageempfinden, Körperstruktur),
  • großräumige Bewegungserfahrung (Kraftentfaltung, Raumorientierung, Überwinden von Hindernissen),
  • kleinräumige Bewegungs- und Materialerfahrung (Kraftdosierung, Geschicklichkeit, Auge-Hand-Koordination).

Hinzu sollen rhythmisch-musikalische, pantomimische und tänzerische Darstellungsformen, aber auch Wassergewöhnungs- und Schwimmübungen treten. Im Rahmen dieses Ansatzes, der in Deutschland vor allem mit dem Namen Kiphard verbunden ist, wurden nicht nur neue, kindgemäße Übungsformen, sondern auch neue, kindgemäße Übungs- und Spielgeräte entwickelt, z.B. Zeitlupenbälle, Pedalos, Sportkreisel, die sich ganz besonders für die Elementarerziehung eignen.

Sozialverhalten & Selbstwertgefühl

Im Vorschulalter stellt das Erlernen sozialer Verhaltensweisen ein wesentliches Ziel der Bewegungserziehung dar; vor allem Bewegungsspiele bieten die Möglichkeit, soziale Verhaltensweisen anzuregen und zu fördern, z.B. beim Anpassen an einen Partner, dem Respektieren bestimmter Regeln.

Der Förderung sozialer Verhaltensweisen kommt zunehmende Bedeutung zu. Es ist bekannt, dass die Zahl der Kinder in der Bundesrepublik abnimmt und die Zahl der Einzelkinder, also der Kinder, die ohne Geschwister aufwachsen, zunimmt. Kinder wachsen somit zunehmend ohne Kontakt zu anderen Kindern auf. Diese "Verinselung" der Kinder bleibt nicht ohne Konsequenzen für ihre Entwicklung. Einerseits zeigen die Ergebnisse der Entwicklungspsychologie, dass Einzelkinder zumindest für ihre geistige Entwicklung keinerlei Nachteile zu befürchten haben, eher im Gegenteil. Andererseits ist zu befürchten, dass der fehlende Kontakt und die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen zur Verkümmerung der sozialen Kompetenz führen. Kinder, die kaum mehr Gelegenheit haben, ohne Vorgabe durch Erwachsene innerhalb einer Gruppe von Gleichaltrigen das Zusammenleben zu üben, sich selbst Regeln zu geben, diese zu befolgen und gegebenenfalls auch abzuändern, solche Kinder werden kaum zu kooperativem Verhalten befähigt werden.

Für das Einüben positiver sozialer Verhaltensweisen sind vor allem Bewegungsspiele für Gruppen geeignet. Bei solchen Spielen ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, soziale Verhaltensweisen anzuregen und zu fördern, z.B. beim Anpassen an einen Partner, dem Respektieren und Akzeptieren vorgegebener Regeln, dem eigenständigen und kreativen Abwandeln bestehender Regeln.

Im Kindesalter hängen Ansehen und Selbstwertgefühl zu einem Großteil von den motorischen Fähigkeiten des Kindes ab. Um nicht in einen Teufelskreis (schlechte motorische Leistungen führen zur Vermeidung motorischer Betätigung, mangelnde Übung verstärkt die vorhandenen motorischen Defizite, das Kind fällt immer weiter hinter die Leistungen Gleichaltriger zurück, das Selbstwertgefühl wird immer geringer) zu geraten, ist ein steuerndes und ausgleichendes Eingreifen durch Erzieherinnen, Eltern oder in besonderen Fällen auch Bewegungstherapeuten notwendig und sinnvoll. Gerade motorische Leistungen sind einer Förderung besonders zugänglich.

Motorische Fördermöglichkeiten in der Krippe

Wir haben eingangs erwähnt, dass für Kinder die Bewegung ein wichtiges Mittel darstellt, Wissen über ihre Umwelt, aber auch über sich selbst, ihren Körper, ihre Fähigkeiten zu erwerben. Kinder müssen daher Gelegenheit erhalten, vielfältige Bewegungserfahrungen zu sammeln; sie müssen Greifen, Krabbeln, Gegenstände und Räume untersuchen, auf Objekte klettern und herumrennen können.

Welche grundlegende Bedeutung die motorische Entwicklung für die Gesamtentwicklung und für die geistige Entwicklung des Kindes hat, darauf hat mit sorgfältigen Beobachtungen und vielen Beispielen der Schweizer Psychologe Jean Piaget hingewiesen. Nach seinen Beobachtungen stellt das Hantieren mit Gegenständen die Vorstufe für die höheren geistigen Leistungen dar. So lernt z.B. das etwa 10 Monate alte Kind sein Ziehen an der Schnur als Ursache für das Annähern seines Spielzeugs zu begreifen und erfährt und erkennt das Prinzip von Ursache und Wirkung.

Kinder im Krippenalter bedürfen in der Regel keine "Anleitung", um sich zu bewegen, sie brauchen vielmehr geeignete, zweckmäßig ausgestattete Bewegungsräume, Frei- und Spielflächen, Kletter-, Hangel- und Rutschgelegenheiten, Bälle und andere Kleingeräte, die sie eigenständig nutzen können. Und die Kinder brauchen Erwachsene, die bereit sind zuzulassen, dass sie diese Bewegungsmöglichkeiten auch ohne weitergehende Beschränkungen nutzen und die bereitstehenden Freiräume möglichst eigenständig "erobern" können. Die Räume und Freiflächen und Kletter- und Spielgeräte müssen dementsprechend unfallsicher sein, Kinder müssen mit möglichen Gefahren vertraut gemacht werden.

Für eine bewegungsanregende Gestaltung von Kinderkrippen empfiehlt sich insbesondere folgende Sachausstattung :

  • Geländer (auch gespannte Taue) zum Festhalten und Hochziehen,
  • Taue zum Festhalten, Hochziehen, Schaukeln, Hangeln,
  • schiefe Ebenen, Treppen und Leitern,
  • attraktive Podeste, erhöhte Ebenen, die zum Hochkrabbeln, Hochsteigen und Klettern anregen,
  • Weichböden zum Hüpfen, Rollen, Purzeln.

Motorische Fördermöglichkeiten im Kindergarten

Auch im Kindergarten sind Bewegung und Sport unverzichtbar, und täglich muss den Kindern ausreichend Gelegenheit zu körperlichen Aktivitäten geboten werden. Es ist jedoch nicht vordringliche Aufgabe, die Kinder körperlich leistungsfähiger und kräftiger, gelenkiger, schneller und ausdauernder zu machen, auch wenn dies bei einem verbesserten Bewegungsangebot erwartet werden darf, sondern es sollte auch im Kindergarten die ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes durch Bewegung im Vordergrund stehen.

Der "Sitzkindergarten" muss zum "Bewegungskindergarten" werden, in dem die Kinder ausreichend Raum und Gelegenheit zu vielfältiger Bewegung und Bewegungsspielen haben und solche Aktivitäten - und zwar täglich - ihren selbstverständlichen Platz im Tagesablauf einnehmen. Dass eine Intensivierung des Bewegungsangebotes im Kindergarten positive Auswirkungen nicht nur auf die motorische Entwicklung der Kinder, konnte in einem Modellversuch der Stadt München und des IFP nachgewiesen werden (vgl. Krombholz 1998, 2003).

Um die gewünschten Ziele zu erreichen, müssen den Kindern in erster Linie ausreichende Bewegungsräume (Spielwiese, Mehrzweckräume) sowie geeignete Klein-, aber auch Großgeräte (Kletter-, Turn-, Spielgeräte) angeboten werden, die zu motorischen Aktivitäten anregen. Auch im Kindergarten muss seitens der Verantwortlichen die Bereitschaft bestehen zuzulassen, dass die Kinder diese Bewegungsgelegenheiten auch nutzen können. Im Kindergarten kann es - im Gegensatz zur Krippe - verstärkt erforderlich sein, dass die Erzieherin planmäßig und gezielt zu Spiel und Bewegungsaktivitäten anregt. Praktische Anregungen in Form von geeigneten Übungen und Spielen finden sich im Literaturverzeichnis.

In jedem Fall sollte die die Raumgestaltung und Raumnutzung in der Tageseinrichtung überprüft und gegebenenfalls verbessert werden:

  • Stehen den Kindern ausreichend Bewegungsräume zur Verfügung (z.B. frei zugängliches, bewegungsattraktiv gestaltetes Außenspielgelände, täglich frei nutzbarer Gymnastik- oder Mehrzweckraum, Nebenräume, Flure und Ecken, die zu weiteren Bewegungszonen umgestaltet wurden)?
  • Sind geeignete Klein- und auch Großgeräte vorhanden, um motorische Aktivitäten anzuregen (z.B. Schaumstoffelemente, Springseile, Schwungtücher, verschiedene Bälle, Alltagsmaterialien, psychomotorische Geräte, Kletter- und Turngeräte)?
  • Sind die Räume und Materialien so arrangiert, dass sie die Kinder zur Nutzung der offenen Bewegungsangebote und zum freien Gestalten von Bewegungsspielen herausfordern?

Methodische Anregungen

Die Bewegungserziehung im Kindergarten soll Kinder zu ausreichenden motorischen Aktivitäten anregen und motivieren und ihnen Freude machen. Um dies zu erreichen, muss die Erzieherin bei ihren Angeboten sich richten nach

  • der aktuellen Bedürfnislage der Kinder,
  • den Fähigkeiten der Kinder, dem vorhandenen Raum und
  • den zur Verfügung stehenden Materialien.

Folgende Prinzipien sollte die Erzieherin bei der Gestaltung der täglichen Bewegungszeit beachten:

  • Im Laufe des Kindergartenjahres soll den Kindern eine große Zahl von verschiedenartigen Spiel- und Übungsgelegenheiten angeboten werden. Dennoch sollen die Kinder genügend Zeit zur Bewältigung jeder einzelnen Aufgabe erhalten.
  • Die Aufgabenstellung soll dem Entwicklungsstand der Kinder angemessen sein, d.h. keine Überforderung, keine Unterforderung.
  • Kinder müssen genügend Möglichkeiten zur Entwicklung und Erprobung eigener Bewegungseinfälle erhalten.
  • Kindern muss ausreichend Gelegenheit zum selbständigen Üben geboten werden.
  • So oft wie möglich sollte die Erzieherin auf das einzelne Kind eingehen, es beraten und ermuntern.
  • Gerade das "ungeschickte" oder "unbeholfene" Kind bedarf besonderer Förderung und Übung. Es ist daher darauf zu achten, dass alle Kinder (insbesondere die "Schwachen") sich an den Übungen beteiligen.
  • Lernen soll durch Üben erfolgen. Lange verbale Erklärungen sollen möglichst vermieden werden. Besser als Erklärung: Vormachenlassen durch Kinder.
  • Die Erzieherin sollte "individuelle Wettkämpfe" - bei denen es nur einen Sieger gibt - nicht selbst anregen; besser sind Wettkämpfe zwischen Gruppen.
  • Tadel sollte möglichst vermieden werden. Lob ist besser.

Als Organisationsformen für die tägliche Bewegungsförderung im Kindergarten können gewählt werden:

  • individuelles Üben: Allen Kindern wird die gleiche Aufgabe gestellt, jedes Kind probiert und übt für sich.
  • Gruppenarbeit: Kleine Gruppen von jeweils 4 - 6 Kindern erhalten spezielle Aufgaben und üben für sich. Nach genügend langer Übungszeit wechseln die Gruppen und erhalten neue Aufgaben.
  • Übungen mit der Gesamtgruppe: Alle Kinder arbeiten an einer gemeinsamen Aufgabe, in der Regel einem Spiel, einer Hindernisbahn o.ä. Hierbei ist zu beachten: Möglichst alle Kinder sollen mitmachen, es dürfen nur geringe Voraussetzungen in Bezug auf die benötigten Fertigkeiten erforderlich sein!

Die folgende Methoden der Aufgabenstellung haben sich im bei der Bewegungsförderung im Kindergarten bewährt:

  • direkte Methode: Die Erzieherin sagt den Kindern, was sie machen sollen oder lässt einige Kinder eine Übung vormachen, die die Anderen nachmachen sollen.
  • begrenzende Methode: Die Erzieherin lässt die Kinder Übungsformen mit bestimmten Auflagen entwickeln, z.B. Überwinden eines Hindernisses rückwärts, Spielen eines Balles mit den Füßen.
  • indirekte Methode: Die Erzieherin lässt die Kinder Übungsformen "erfinden", z.B. beim Überwinden eines Hindernisses, beim Umgang mit einem Kleingerät etc.

Obwohl sicherlich die direkte Methode für die Einführung mancher Übungsformen Vorteile bietet, sollte dennoch im Kindergarten die indirekte oder die begrenzende Methode bevorzugt werden, weil hierdurch die Eigeninitiative und die Kreativität des Kindes stärker gefördert werden

Überlegungen zur Sicherheit

Befürchtungen, wonach ein vermehrtes Bewegungsangebot im Kindergarten zu einer Zunahme von Unfällen führt, sind unbegründet: Bewegungsgeschickte Kinder sind offensichtlich weniger unfallgefährdet.

Allerdings sind gewisse Sicherheitsüberlegungen unerlässlich. Diese betreffen:

  • den Hinweis auf und das vertraut Machen der Kinder mit möglichen Gefahrenquellen,
  • das Vermeiden von Unfallschwerpunkten durch zweckmäßige Gestaltung der Innen- und Außenräume, die Trennung von Bewegungs- und Ruhezonen, Auswahl geeigneter Möbel, Spiel- und Sportgeräte, zweckmäßige Anordnung von Möbeln, aber auch Spielgeräten,
  • die Wahl "geeigneter" Kleidung und Schuhe; Problem: Schmuck (mit Eltern absprechen) und Brillen,
  • das Sichern beim Klettern oder an Turngeräten (mit geeigneten Matten),
  • das Anbieten von Hilfestellung bei schwierigen Übungen.

 

Öffnung des Kindergartens/Kooperationsmöglichkeiten

Für eine möglichst optimale motorische Förderung sind partnerschaftliche Kooperationsmodelle zwischen Kindergarten und Sportverein unter Einbeziehung der Eltern empfehlenswert, wie sie zunehmend auch in Bayern praktiziert werden. Dabei bietet sich für den Kindergarten die Möglichkeit, die Sportstätten des Vereins (Turn- oder Gymnastikhallen, eventuell auch Lehrschwimmbecken) zu nutzen - auch für Angebote wie Eltern-Kind-Turnen.

Beispiele zur Praxis der Bewegungsförderung im Kindergarten

Bewegungsförderung im Außengelände des Kindergartens

Nicht nur die Spielwiese, sondern auch die übrigen Außenflächen des Kindergartens können und sollen für die Bewegungsförderung in vielfältiger Weise genutzt werden. Besonders am Beginn des Kindergartenjahres wird das Kind durch solche Übungen mit dem Kindergartengelände vertraut gemacht. Die Erzieherin nennt dabei die Bezeichnung der verschiedenen Gebäude, Anlagen und Geräte und erklärt deren Funktion. Sie kann bei dieser Gelegenheit auch die Namen von Bäumen und Blumen einführen usw. Vor allem sollen die Kinder die Grenzen des Kindergartengeländes und Gefahrenquellen kennen lernen.

Selbstverständlich lassen sich die meisten Bewegungsspiele, auch Übungen mit Kleingeräten (Bälle, Reifen, Stäbe, Seile) auf den Außenflächen des Kindergartens durchführen. Generell sollte - geeignetes Wetter und/oder geeignete Kleidung vorausgesetzt - die Bewegungszeit so oft wie möglich im Freien stattfinden.

  • Die Kinder laufen gemeinsam mit der Erzieherin um Büsche und Bäume, um andere Hindernisse; sie laufen zu bestimmten Zielen. Sie gehen, hüpfen, kriechen usw. vorwärts, rückwärts; fassen sich an den Händen usw.
    (Förderung von Schnelligkeit, Beweglichkeit und Ausdauer, die Kinder lernen dabei zusätzlich die verschiedenen Gebäude und die Namen der Bäume, Geräte usw. kennen, die die Erzieherin nennt.)
  • Sie springen über kleine natürliche Hindernisse (z.B. Plattenweg, Begrenzungssteine) im Lauf, aus dem Stand, mit beiden Beinen, einem Bein, vorwärts, rückwärts.
    (Förderung von Sprungkraft und Körperkoordination; Kinder sollen Gelegenheit erhalten, eigene Bewegungsformen zu entwickeln und zu erproben, Kreativität.)
  • Die Kinder fassen sich an den Händen, bilden einen großen Kreis und laufen, hüpfen herum; auf Anweisung Richtung wechseln.
    (Förderung von Anpassung an Partner, Abstimmen mit der Gruppe)
  • Die Kinder bilden Schlangen, indem sie sich an den Händen halten (zu 3., 4., 5.). Sie laufen herum, erst langsam, dann schneller, ohne dass die Schlange reißt und ohne die anderen "Schlangen" zu behindern.
    (Förderung: Körperkoordination, Anpassen an Partner, Orientierung im Raum, Zahlbegriff)
  • Die Kinder laufen auf der Wiese herum, ohne sich zu behindern. Auf das Signal (der Erzieherin: optisch z.B. Armheben, akustisch z.B. Pfiff) bleiben sie sofort stehen, hocken, setzen sich hin, legen sich auf den Boden, den Rücken, ändern die Bewegungsrichtung usw. Auf das Signal berühren sie bestimmte Gegenstände mit der Hand, z.B. aus Beton, Holz, Metall; einen braunen, roten usw. Gegenstand

(Förderung von Reaktionsvermögen, Raumorientierung, Beweglichkeit und Rücksichtname; Tastsinn: Qualität von Oberflächen, Unterscheidung von Farben)


Übungen mit der Zauberschnur

Die Zauberschnur ist eine elastische Schnur von ca. 10 Meter Länge und geringem Durchmesser. Sie eignet sich durch ihre Elastizität besonders zur Gestaltung variabler (und ungefährlicher) Hindernisse und zur Abgrenzung von Spielflächen.
Die Enden der Zauberschnur werden verknotet, so dass ein Kreis entsteht.

  • Die Kinder fassen die Zauberschnur von außen mit einer Hand, sehen alle in eine Richtung und laufen im Kreis, ohne die Zauberschnur loszulassen.
  • Die Kinder stehen innerhalb des Kreises und halten die Zauberschnur durch sanften Druck mit dem Körper in Hüfthöhe. Sie laufen im Kreis herum, wobei die Zauberschnur mit dem Körper gehalten wird. Sie ändern - auf ein Zeichen hin - die Richtung, drehen sich, wobei Zauberschnur weiter durch den Körperdruck gehalten werden soll.
  • Die Kinder überlegen, welche (geometrischen) Figuren sie mit der Zauberschnur bilden können. Können sie innerhalb der Zauberschnur stehen und die Ecken mit ihren Körpern darstellen? (Die Kinder überlegen lassen, wer sich wo hinstellen soll, damit die gewünschte Form entsteht.)

(Förderung von Koordination. Anpassen an Partner, geometrische, räumliche Vorstellung)


Bewegungsspiel: Feuer, Wasser, Blitz
Die Grundidee dieses Spiel lässt sich sehr einfach abwandeln: z.B. andere "Ereignisse", weniger oder mehr als drei Ereignisse, Abändern der Reaktionen auf die vorgegebenen Ereignisse etc. Es können selbstverständlich auch andere Signale, optische oder akustische (Pfiff für Feuer, Trommel für Blitz, Tamburin für Wasser), vereinbart werden. Es ist nicht notwendig, dieses Spiel als Wettkampf durchzuführen, bei dem bei jedem Durchgang ein Kind ausscheiden muss!

Die Kinder laufen auf der Wiese/ in der Halle herum, ohne sich zu behindern. Auf den Ruf (der Erzieherin) "Feuer" laufen sie zu einem "Feuermelder", bei "Wasser" steigen/ klettern sie auf Stuhl, Tisch, Bank, Sprossenwand..., bei "Blitz" legen sie sich schnell auf den Boden. Nach einer "Entwarnung" (z.B. Erzieherin klatscht in die Hände) beginnt das Spiel von neuem.

(Förderung von Schnelligkeit Reaktionsfähigkeit, Koordination, akustisches Unterscheidungsvermögen)

Literatur

Berzheim, N. & Meier, U.: Aus der Praxis der elementaren Musik- und Bewegungserziehung. Donauwörth: Auer 1989 (6.Aufl.)

Eggert, D.: Theorie und Praxis der psychomotorischen Förderung. Dortmund: Verlag modernes Lernen 1995 (2. Aufl.)

Frostig, M.: Bewegungs-Erziehung. Neue Wege der Heilpädagogik. München: Reinhardt 1992 (5. Aufl.)

Gardner, H.: Frames of Mind: The theory of multiple intelligences. New York: Basic 1983

Herm, S.: Psychomotorische Spiele für Kinder in Krippen und Kindergärten. Weinheim: Beltz 2001

Kiphard, E.J.: Psychomotorik in Praxis und Theorie. Gütersloh: Flöttmann 1994 (2. Aufl.)

Kiphard, E.J. & Leger, A.: Psychomotorische Elementarerziehung. Gütersloh: Flöttmann 1975

Kösters, W.: Werden unsere Kinder immer kränker? In: Psychologie heute, 1999, 5, 51-57

Kretschmer, J.: Beweismangel für Bewegungsmangel. In: Sportpädagogik, 2003, Teil 1: Heft 5, 64-67, Teil 2: Heft 6, 42-45

Krombholz, H.: Spaß an Bewegung: Spiele mit Anleitungen für Kinder von 3 bis 8. München: Don Bosco 1996

Krombholz, H.: Modellversuch "Prävention durch Bewegungsförderung in Kindertageseinrichtungen. In: Kinderzeit, 1998, 4, 19-22

Krombholz, H.: Bewegungsförderung im Kindergarten. Ein Modellversuch der Landeshauptstadt München und des Staatsinstituts für Frühpädagogik. München 2003 (unveröffentlicht)

Pickler, E.: Laßt mir Zeit. Die selbständige Bewegungsentwicklung des Kindes bis zum freien Gehen. München: Pflaum 1997

Schaffner, K.: Bewegen, Spielen und Tanzen für Kinder von drei bis acht Jahren. Celle: Pohl-Verlag 1992

Schaffner, K.: Die Welt ist schön. Neue Kreisspiele, Spiellieder und Tänze für drei bis achtjährige Kinder. Celle: Pohl-Verlag 1996

Zimmer, R.: Sport und Spiel im Kindergarten. Aachen: Meyer & Meyer 1995 (2. Aufl.)

Zimmer, R.: Kreative Bewegungsspiele. Psychomotorische Förderung im Kindergarten. Freiburg: Herder 1992

Zimmer, R.: Sport und Spiel im Kindergarten. Aachen: Meyer & Meyer 1995 (2. Aufl.)

Weitere Angaben über Medien (Bücher, Videos, Tonträger) zum Thema finden sich in: Zimmer, R.: Bewegungsförderung im Kindergarten. Kommentierte Medienübersicht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2002 (Hinweis: Kann kostenlos über die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA, 51101 Köln, bezogen werden; Internet: http://www.bzga.de )

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